Pressemeldung

Senkung der Grunderwerbssteuer wäre ein starkes Signal

Baurundblick: Im Gespräch mit Dr. Susanne Schmitt, Verbandsdirektorin, Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V.

Dr. Susanne Schmitt, Verbandsdirektorin, Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V.
Dr. Susanne Schmitt, Verbandsdirektorin, Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V.

Deutschland braucht dringend mehr bezahlbaren Wohnraum. Welche Lösungsmöglichkeiten sehen Sie hier?

Dr. Susanne Schmitt: Zwei gegenläufige Entwicklungen der jüngsten Zeit haben zu der jetzigen Situation geführt. Zum einen hat die Nachfrage nach Wohnungen, insbesondere nach preisgünstigen Wohnungen, erheblich zugenommen. Noch zu Beginn des Jahrtausends sagten die Bevölkerungs- und Haushaltsprognosen einen stetigen Nachfragerückgang voraus. Diese Prognosen sind durch verschiedene Entwicklungen der vergangenen Jahre komplett ad absurdum geführt. Wir haben eine wachsende Bevölkerung und viele Menschen benötigen eine preiswerte Wohnung. In dieser Situation erleben wir aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen einen Einbruch beim Wohnungsneubau. Dadurch wird die Lage am Wohnungsmarkt noch verschärft und die Lücke zwischen Bedarf und Angebot immer größer. Wir brauchen deswegen dringend mehr neu gebaute Wohnungen.

Seit Jahren werden zahlreiche Lösungsmöglichkeiten diskutiert, und zwar auf allen Ebenen. Am Ende hängt die Umsetzung jeder Lösungsmöglichkeit an der Frage der notwendigen Wirtschaftlichkeit. Wir haben mit den Landesregierungen in Niedersachsen und Bremen buchstäblich jeden Stein umgedreht, um Möglichkeiten zur Kosteneinsparung zu finden. Aus unserer Sicht kann es nur ein Ziel geben: die Senkung der Baukosten und die Bereitstellung von mehr kostengünstigen Baugrundstücken. Dazu kommt eine Reihe von Faktoren, die die Situation in jüngster Zeit noch verschlechtert haben: steigende Hypothekenzinsen, die Folgen des Kriegs in der Ukraine, die Verteuerung der Energiepreise und die steigenden Anforderungen beim Klimaschutz im Gebäudesektor.

Der neue Wohnungsmarktbericht, an dem der vdw gemeinsam mit der NBank und der Landesregierung beteiligt ist, gibt den Kommunen im Land präzise Handlungsempfehlungen, die regionalen Wohnungsmärkte 
zukunftsfit zu machen.

Hilft hierbei auch der Gesetzentwurf zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung?

Dr. Susanne Schmitt: Davon gehe ich fest aus. Unser Verband ist eng in die Erarbeitung der Novelle einbezogen worden, und das Ergebnis ist bundesweit vorbildlich. Wir müssen runter von völlig überzogenen Baustandards, und die neue Niedersächsische Bauordnung zeigt dabei den richtigen Weg. Nur so, das ist unsere feste Auffassung, können Bauprojekte schneller und günstiger entstehen. Planungs- und Genehmigungsverfahren werden vereinfacht. Jeder Euro, den wir beim Bauen sparen, führt am Ende zu einer günstigeren Miete und entlastet somit die Haushalte, die sich teuren Wohnraum nicht leisten können.

Wie kann die Wohnungswirtschaft bei den Anfragen zum „kostengünstigen Wohnungsbau“ die Vorteile der seriell geplanten und modulistisch erstellten Bauweise gezielt nutzen?

Dr. Susanne Schmitt: Unser Dachverband, der GdW in Berlin, hat zum zweiten Mal einen Rahmenvertrag mit 20 Anbietern für serielles und modulares Bauen geschlossen. Wir erwarten durch die Skalierbarkeit im seriellen und modularen Bauen eine Ersparnis von Zeit und Kosten. Seriell gefertigte Wohnbauten sind ja nicht neu, können aber als eine Teillösung für das Problem des Wohnraummangels dienen. Ebenso kann die Verwendung standardisierter Modulbauteile bei Neubau und Sanierung Kosten senken. Außerdem schaffen wir ein Potential für die Einhaltung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie einen möglichst kleinen Carbon Footprint. Die Wohnbauten sollten dabei so flexibel sein, dass sie an unterschiedliche Standortbedingungen angepasst werden können. Noch weitere Impulse könnten z. B. bundesweite Typengenehmigungen geben.

Werden industrielle Herstellungsprozesse und vorgefertigte Gebäudeteile oder Module, die vor Ort „aufeinandergestapelt und miteinander verbunden werden“ die Zukunft des Bauens bestimmen?

Dr. Susanne Schmitt: Wie schon gesagt, nennen wir es zunächst „Teillösung“. Ein Mengeneffekt ist derzeit noch nicht zu beobachten. Ich bin gespannt, ob die Möglichkeiten der Digitalisierung und der Einsatz von KI hier zu einer deutlichen Skalierung und Entlastung führen werden. Ich rechne 
damit, dass wir in einigen Jahren sicher zuversichtlich über serielles und modulares Bauen sprechen werden. Dies wird ein Teil der Zukunft des Bauens sein! Wir brauchen einfach mehr gelungene Pilotprojekte, die sich am Markt durchgesetzt haben und auch die Bewohner vollauf überzeugen.

Was können wir von unseren europäischen Nachbarländern lernen?

Dr. Susanne Schmitt: Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer mal wieder im benachbarten Ausland umgesehen. Viele Probleme, die uns das Leben schwer machen, gibt es auch dort. Bei der Senkung der Baustandards sind uns Länder wie die Niederlande sicherlich voraus. Auch das Thema Wohnflächenverbrauch wird andernorts offener diskutiert. Wohnkosten senken durch weniger Wohnfläche – das ist doch ein sehr plausibler Ansatz. Aber in Deutschland nimmt die Pro-Kopf-Wohnfläche weiter stetig zu.

Noch einer unserer Vorschläge passt nahtlos in die Bemühungen, die Baukosten zu reduzieren: die Grunderwerbsteuer sollte kurzfristig gesenkt werden. Sogar Bundesbauministerin Geywitz hat die Länder aufgefordert, über diesen Weg Baukosten zu senken, ebenso der Präsident des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes, Herr Mang. Blicken wir nach Skandinavien und nochmals in die Niederlande: Dort zahlen Käufer bloß 0,7 bis 1,5 Prozent für den Grunderwerb. Unter bestimmten Umständen sind Bürger in anderen EU-Ländern gar von der Grunderwerbssteuer befreit. Frankreich erhebt die Steuer zum Beispiel nicht für Neubauten, die jünger als fünf Jahre sind. Schließlich, so die Argumentation der Franzosen, hätten die Käufer bereits für die Bauleistungen Steuern entrichten müssen. In den Niederlanden müssen außerdem Käufer unter 35 Jahren keine Grunderwerbsteuern bezahlen. Das soll jungen Familien den Eigentumserwerb ermöglichen.

Mein Wunsch wäre, dass die Grunderwerbsteuer generell abgesenkt wird und für den sozialen Wohnungsbau eine weitere Reduzierung greift. Dies wäre ein starkes Signal und hätte eine sofortige Absenkung der Kosten zur Folge. 

 

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