Wer Tempo in der Transformation will, braucht eine leistungsfähige, moderne Infrastruktur – zuverlässig geplant, finanziert und umgesetzt. Doch allein bei der deutschen Verkehrsinfrastruktur liegt der jährliche Investitionsbedarf bis 2030 laut IW Köln bei über 100 Milliarden Euro. Acht von zehn Unternehmen sahen sich in einer IW-Umfrage 2024 durch mangelhafte Infrastruktur bereits regelmäßig in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt.
Mit dem beschlossenen Sondervermögen hat der Bund die Chance, durch zusätzliche Investitionen unsere Infrastruktur gezielt zu stärken. Jörn P. Makko, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen, erklärt uns, was es für einen investiven Aufbruch braucht, der Infrastruktur als Daseinsvorsorge und Fundament für Versorgungssicherheit, Transformation und Wettbewerbsfähigkeit versteht – und auch so behandelt.
Welchen Stellenwert hat unsere Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen?
„Infrastruktur ist keine technische Frage – sie ist Standortpolitik. Und sie entscheidet über Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Zukunftsfähigkeit. Unser Flächenland Niedersachsen hat aufgrund seiner Lage eine zentrale Bedeutung für ganz Deutschland.
Wir müssen bestehende Infrastrukturen modernisieren und gleichzeitig neue schaffen – für Energie, für Verkehr, für Digitalisierung und für Sicherheit. Der Umbau zur klimaneutralen Industrie und der Bedarf an leistungsfähiger Netzinfrastruktur sind gewaltig. Doch ohne funktionierende Straßen, Brücken, Schienen, Häfen und Leitungen bleibt Transformation eine Ankündigung.“
Welche konkreten Vorhaben haben für Sie Priorität?
„Unter den TOP 3 belegen die Brücken gleich den ersten und den zweiten Platz. Dahinter folgen direkt die Seehäfen samt Hinterlandanbindung.“
Was erwarten Sie von der Landesregierung, um Infrastrukturprojekte schneller und wirksamer voranzubringen?
„Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt von Land, Bund und Wirtschaft. Niedersachsen muss seine Infrastrukturprojekte klar priorisieren, Planungsverfahren durch Bürokratieabbau und digitale, vernetzte Genehmigungsverfahren radikal beschleunigen und dafür auch auf Bundesebene geschlossen auftreten. Wir sind, bezogen auf die Fläche, das zweitgrößte Bundesland hinter Bayern. In den Debatten um Finanzierung und Netzausbauplanung muss die Landesregierung in Berlin auch einen entsprechenden Einfluss nehmen.
Die Landesregierung tut gut daran, die Stimme der Wirtschaft zu hören. Die größten Erfolgschancen haben wir, wenn Land, Wirtschaft und Verbände auf Bundesebene gemeinsam Druck machen. Dafür brauchen wir klare Botschaften, überzeugende Zahlen und vor allem eines: den politischen Willen, Infrastruktur nicht mehr als nachgelagertes Thema zu behandeln, sondern als Voraussetzung für jede Standortdebatte. Und wenn Aufträge kommen, dann bauen wir die!“
Im Juli dieses Jahres kam es zum Ausschreibungsstop bei der Autobahn GmbH. Der Haushaltsausschuss gab sodann kurzfristig Investitionsmittel in Höhe von 450 Mio. € für die Autobahn GmbH frei, so dass wichtige Projekte fortgeführt werden konnten.
Welche Lehren sollte die Politik hieraus ziehen?
Planungssicherheit und eine verlässliche Investitionsperspektive sind Grundvoraussetzungen, die unsere Unternehmen vom Staat als Auftraggeber erwarten. Sowie von den Unternehmen eine lückenlose Auftragserfüllung erwartet wird. Dementsprechend sehen wir hier Nachbesserungsbedarf. Als Konsequenz muss für die mittelfristige Finanzierungsperspektive die im Koalitionsvertrag vereinbarte Wiederherstellung des Finanzierungskreislaufs Straße sowie die Kreditfähigkeit der Autobahn GmbH schnellstens umgesetzt werden.
„Niedersachsen kann Zukunft“ – so lautet die Überschrift des größten Investitions- und Kommunalstärkungspaket in der Geschichte des Landes. Insgesamt sollen in diesem und in den kommenden Jahren daraus rund 14,45 Mrd. € mobilisiert werden.
Wie beurteilen Sie für die Bauindustrie dieses Investitionsvolumen?
Wir begrüßen ausdrücklich dieses Investitionspaket, denn so können schnell strukturell wichtige Infrastrukturprojekte und mehr Wohnungsbau realisiert werden. 500 Mio. € sind für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur eingeplant, besonders für Sanierung und Bau von Landesstraßen und Brücken. Weitere 175 Mio. € sollen über NPorts in die Hafeninfrastruktur investiert werden.
Um mehr Angebote bezahlbaren Wohnens zu schaffen, erhalten sowohl die Landeswohnungsgesellschaft Wohnraum GmbH als auch der Wohnraumförderungsfonds zusätzlich jeweils 200 Mio. €. Für die Landesliegenschaften sind zusätzlich 500 Mio. € eingeplant, um den Sanierungsstau weiter abzutragen. Nochmals 100 Mio. € sollen für die allgemeine Bauunterhaltung sowie Baumaßnahmen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen eingesetzt werden.
